Haben Sie schon einmal eine Bergtour gemacht? Nein, nicht so eine mit Seil und Haken (und vielleicht dann auch noch den Tod im Nacken), sondern so eine normale Wanderung. Ob mit oder ohne Rucksack oder mit oder ohne Hüttenübernachtung, ist jetzt mal nicht so wichtig. Also, ich mache so was öfters und jedesmal habe ich wieder den gleichen Eindruck. Eine Bergtour ist so was ähnliches wie das Leben an sich - ein erfolgreiches Leben versteht sich. Und da ich ein Fan von Vergleichen, von Beispielen und Metaphern bin, hier also meine Metapher für ein erfolgreiches Leben: eine Bergtour.
Beginnen wir bei der Vorbereitung. Kaum ein Mensch käme auf die Idee einfach mal so in die Berge zu gehen, einfach mal irgendwo hinspazieren, ohne ein Ziel zu haben. Im Leben aber verhalten sich die meisten so. Kein Ziel, schau'n mer mal. Zu einer vernünftigen Vorbereitung einer Bergtour gehört also ein Ziel, zum Beispiel eine Hütte und eine Karte, um den Weg zu orten. Wichtig hier auch die ungefähre Gehstrecke, die Schwierigkeit und Rastmöglichkeit.
Dies ist natürlich auch 1 : 1 auf das Leben übertragbar. Das Ziel ist der erste Schritt, der zweite dann die Karte. Und die kann im Leben ein Berater sein, ein Seminar, jemand, der dieses Ziel schon erreicht hat, ein Coach. Das Laufen ohne Karte ist in den Bergen und im Leben oft recht mühselig. Man geht unfreiwillige Umwege, verläuft sich am Ende und gerät in Situationen, aus denen man alleine nicht mehr herauskommt. Die Bergwacht kann ein Lied davon singen - im Leben nennt man das übrigens manchmal Konkurs, Kündigung oder auch Herzinfarkt.
Zur Vorbereitung gehört natürlich auch noch mehr. Die richtige Ausrüstung. Wer in hochalpines Gelände mit Sandalen und ohne Regenschutz in plötzliche Wetteränderungen läuft, darf sich nicht wundern, wenn die Sache sehr rasch zu Ende ist, oder aber am Ende schief geht.
Die Ausrüstung im Leben ist die entsprechende Ausbildung. Das Fachwissen in Richtung auf das Ziel, Kontakte und Hilfen wie zum Beispiel Steuerberater (aber wirklich -berater und nicht nur -verwalter, Banken, etc.). Ohne gute Ausrüstung kommt man eben auch im Leben nicht weit.
Und dann kommt das Entscheidende, die Tour. Und hier gibt es eine simple Regel, die jeder Bergwanderer anwendet, auch wenn er sich vielleicht nicht darüber im Klaren ist. Wenn der Weg klar ist, die Richtung also stimmt, dann gibt es nur noch eins - auf den nächsten Schritt achten. Wie kann man den nächsten Schritt so setzen, dass er sicher steht und eine gute Ausgangsbasis für den Übernächsten bringt. Und das war's. Wer mehr macht, wer in der Gegend herumschaut, während des Begehens eines engen, steinigen Weges, oder sich Gedanken über den Weg macht, der in einer halben Stunde zu bewältigen ist, der wird nicht weit kommen oder zumindest Probleme bekommen. Und dies ist meines Erachtens DIE Lehre, die das Bergwandern für das Leben gibt.
Wenn der Weg klar ist, heißt es nur noch auf den nächsten Schritt achten. Hören Sie auf, sich Gedanken über die Zukunft zu machen. Achten Sie auf Ihre nächste Aktion. Seien Sie 100%ig bei dem, was Sie gerade tun. Damit Sie mich nicht falsch verstehen, die Zukunft ist wichtig und Sie sollten sie planen, aber vor dem Start. Natürlich ist es manchmal notwendig, unterwegs zu korrigieren. Vielleicht das Ziel ganz zu ändern oder aufgrund widrigster Umstände längere Pausen oder Umwege in Kauf zu nehmen. Das ist dann aber wieder Planung und Vorbereitung, die in einer Auszeit gemacht werden sollte und nicht mitten auf dem Weg.
Hierzu gehört auch, dass man seine Richtung regelmäßig überprüft. Bin ich noch auf dem richtigen Weg? In den Bergen sind die Wege durch rote Punkte auf Steinen markiert. Hieran kann man sich als Wanderer orientieren.
Aber auch im Leben müssen wir öfters die Richtung überprüfen. Da im Leben selten rote Punkte am Rand markiert sind, sollten wir uns Teilziele setzen, sollten wir also unsere großen Ziele herunterbrechen auf kleinere Ziele, die dann Schritt für Schritt abgearbeitet werden können, und die quasi als Richtungsgeber dienen.
Und dann gibt es auch immer wieder unvorhergesehene Hindernisse in den Bergen, ein Bach der übermäßig viel Wasser führt, ein Schneefeld, das den eigentlichen Weg verdeckt, ein Felsblock, der den Weg versperrt. Dann heißt es kleine Pause, mögliche Umwege klären, Richtung festlegen und los. Dann wieder auf den nächsten Schritt achten. Eben wie im Leben.
Und dann gibt es eine ganz einfache Form des Bergwanderns: nehmen Sie sich einen erfahrenen Bergführer mit. Aber Achtung: werden Sie jetzt nicht zum bloßen Nachläufer, sondern beachten Sie Ihre eigenen Wünsche und Vorlieben und Ihre eigene Leistungsfähigkeit. Wer genau das tut, was ein anderer schon vorher getan hat, wer genau den Weg geht, den ein anderer - wenn auch erfolgreich - gegangen ist, verleugnet seine eigene Individualität, seine eigenen ganz persönlichen Potenziale.
Und wer von Ihnen je in den Bergen war, und immerhin sind es jährlich Tausende von Menschen, die dieser Freizeitbeschäftigung nachgehen, der kennt das erhebende Gefühl, es geschafft zu haben, oben zu sein, den Gipfel erreicht zu haben und es zu genießen. Eben wie im Leben - oben ist es echt stark.
Aber bei allem Genießen des Gipfels sollten wir nicht vergessen, auch den Weg zu genießen. Und dazu hilft es in den Bergen nicht zu hetzen. Gleichmäßig zu gehen, so dass man normal atmen kann, dass man sich mit einem Begleiter unterhalten könnte. Und ab und zu mal eine kleine Pause einlegt, um die Landschaft zu genießen. Und dieses gleichmäßige Gehen ist in den Bergen geradezu ein Schlüssel schnell anzukommen. Viele Neulinge in den Bergen stürmen los, hetzen sich ab und sind nach relativ kurzer Zeit müde und müssen länger pausieren. Profis hingegen gehen stetig langsam aber somit ausdauernd, und ziehen am Ende an allen anderen vorbei. In den Bergen kann man somit auch eine neue Qualität lernen, die auch immer mehr im modernen Zeitmanagement gepredigt wird, nämlich Entschleunigung - langsam zu gehen, ausreichend Pausen zu machen und den Weg zu genießen.
Und eben so ist es auch im Leben. Wenn wir uns auf dem Weg zu unserem Ziel abhetzen, wenn wir alles andere um uns herum vergessen, dann macht das Leben keinen Spaß mehr. Wenn unsere Partnerschaft, unsere Gesundheit dabei zum Teufel geht, werden wir, auch wenn wir oben ankommen, das nicht mehr genießen können. Hetzen wir also nicht im Leben nach unserer Zielen, sondern gehen wir gleichmäßig Schritt für Schritt nach oben. Genießen wir den Weg. Entschleunigen wir unser Leben.
Und noch ein Punkt ist wichtig in den Bergen. Wenn wir uns mit anderen Bergwandern vergleichen, wenn wir also sagen, der ist schneller als ich und da möchte ich hinterherkommen, dann kann es ganz leicht passieren, dass wir uns überfordern, dass wir in Stolpern geraten und hinfallen. Sogar vielleicht abstürzen. Wir sollten die Wege, die wir aussuchen und die Geschwindigkeit, mit der wir laufen unseren Fähigkeiten anpassen und uns nicht mit anderen vergleichen.
Und genauso ist es auch im Leben. Es ist viel besser, wenn wir darauf achten, morgen ein kleines Stückchen besser zu sein als heute. Also uns mit uns selbst vergleichen, anstatt mit anderen. Andere Menschen haben andere Voraussetzungen, haben andere Wünsche und Ziele, andere Fähigkeiten und Interessen. Deshalb setzen wir uns Ziele nur für uns und hören wir auf, uns mit anderen zu vergleichen, nur um am Ende vielleicht feststellen zu müssen, dass wir uns überfordert oder auch unterfordert haben.
Und dann kommt auch wieder der Abstieg, als notwendiger Weg zum nächsten Gipfel. Denn in den Bergen geht es - zumindest zu Fuß - nie gerade nach oben. Der Weg ist gewunden, unübersichtlich, er führt auch mal wieder nach unten, aber immer weiter Richtung Ziel.
Und natürlich sehen wir auch im Leben unser Ziel oft nicht mehr. Und wenn es wieder nach unten geht, geraten wir allzu oft in Panik. Aber wenn unser Ziel klar ist, der Weg stimmt und wir auf den nächsten Schritt achten, werden wir unser Ziel erreichen.
Das Leben ist eben wie eine Bergtour!